Multiethnizität und Interkulturalität. Geschichte, Erfahrungen, Berichte, Lösungen. Dokumentation einer wissenschaftlichen Summerschool 18. – 22. September 2000, Wien (Hrsg. Von Franciszek Grucza), Warschau 2001, 288 S.

Der Band ist eine Sammlung von Referaten, gehalten in einer Konferenz im Wiener Haus der Polnischen Akademie der Wissenschaften.Teilnehmer waren Germanisten, Historiker, Politikwissenschaftler, Diplomaten, Journalisten etc., meist aus Österreich, Polen, Deutschland. In zwei anspruchsvollen theoretischen Beiträgen werden solche Begriffe thematisiert wie Toleranz, Ethnien, Nation, Nationalismus, alte und neue Minderheiten, z. T. in historischer Perspektive und im Hinblick auf die Integrationsprozesse in Europa. So geht R. F. Kneucker von Goethes Zitat aus: “Toleranz darf nur eine vorübergehende Gesinnung sein. Sie muß zur Anerkennung führen. Dulden heißt eigentlich beleidigen.“ Nicht die Anerkennung durch eine Mehrheit, sondern die Qualität “Mensch“ macht jede Person zur Rechtsperson. (S. 27) Der moderne Nationalismus habe seine Wurzeln in einer “Ver-göttlichung“ der Nation und Verteufelung der Gegner. Multiethnizität und Interkulturalität seien nun sowohl auf der innerstaatlichen als auch überstaatlich-europäischen Ebene zu betrachten (so H. Schneider). Interessant,wenn auch etwas weitschweifig sind die historischen Beiträge, u.a. zu Polen und seinen Nachbarn im 16. und 17. Jh. (W. Leitsch), zu Schlesien (D. Simonides), zur multinationalen Stadt Lemberg (A. Woldan). Berichtet wird über interkultu-ralitätsfördernde Projekte an deutschen, österreichischen, polnischen Hochschulen und Übersetzerinstituten (K.- D. Bünting, E. Worbs, D. Kastovsky, Z. Klimaszewska u.a.). Interkulturelle Kompetenz und Fremdsprachenkenntnisse als erste Vorausssetzung für Multinationalität werden eingefordert (A. Zieliñski, H.-J. Krumm). Beanstandet wird der Mangel an interkulturellen Aspekten in Sprachlehrbüchern in Polen und mangelndes Interesse der Medien an der Verbreitung von Toleranz und Verständnis für Multiethnizität in der österreichischen Gesellschaft. Eine Biographie der multinationalen Wissenschaftlerin Maria Curie-Sk³odowska rundet diese durchaus wertvolle und aktuelle Publikation ab.

Ryszard Lipczuk, Szczecin

Bd. 43, 1/2 2002, 7